Barrierefrei: Warum Mode noch längst nicht für alle ist – und wie sie das werden kann
von Magdalena Pötsch
Menschen mit Behinderung existieren als Zielgruppe in der Modebranche nicht – Warum nicht?
Mode ist keine Insel. Auch in der restlichen Gesellschaft gibt es meines Erachtens kaum Bereiche, in denen Menschen mit Behinderungen von vornherein mitgedacht werden. In der Modebranche hängt dies wohl auch mit dem höheren Anfangsaufwand zusammen. Das betrifft alle Aspekte und reicht von barrierefreien Zugängen zu Geschäftslokalen bis zu Fragen des Innendesigns, etwa: Wie hoch sind die Kleiderstangen? Kann man sich im Shop auch mit Rollstuhl easy bewegen? Hinzu kommt: Die für Normkörper standardisierten Größen funktionieren bei Menschen mit Behinderung_en oft nicht. Die Kleidung benötigt viel mehr Funktionen, andere Schnitte, Stoffe und Verschlusssysteme.
Was war der Gedanke, die Idee zur Gründung von MOB? Was/Wie wollt ihr die Modebranche verändern? Was ist euer Anspruch an euch selbst?
Die Idee ist persönlich motiviert. Meine ältere Schwester ist kognitiv und körperlich behindert. Stichwort: Mehrfachbehinderung. Mode war da immer Thema, das An- und Auskleiden schwierig. Ich hab‘ dann mal geschaut, ob es so etwas wie barrierefreie Mode schon gibt. Das war allerdings nicht wirklich zufriedenstellend, weil das alles eher defizitorientiert angelegt ist. Im Vordergrund steht nackte Funktionalität, Ästhetik spielt keine Rolle. Das war das eine.
Zum anderen habe ich auch als persönliche Assistentin für Menschen mit Behinderung_en gearbeitet. Bei Kampagnen-Fotos habe ich oft gemerkt, dass da auch viel Disability Faking betrieben wurde – das heißt, dass gesunde Körper in den Rollstuhl gesetzt werden. Wir haben uns gedacht: Wir machen das anders, zeitgemäßer. Wir wollen aber keine Reha-, keine Rollstuhlmarke sein, sondern Mode für alle machen. Also haben wir ein inklusives, barrierefreies Modelabel gegründet, das in dieser Form weltweit einzigartig ist. Was uns dabei wichtig war: Selbstbestimmung fördern. Das gelingt etwa durch Magnetverschlüsse, die das An- und Auskleiden selbstbestimmt möglich machen. Wir wollen generell für das Thema Behinderung sensibilisieren. Damit Mode von Beginn an barrierefrei gedacht wird, wie das aktuell bei nachhaltiger Mode geschieht. Uns geht es auch darum avancierte Bildpolitiken zu schaffen, das ist auch ganz wichtig und auch neue sprachliche Umgangs- und Benennungsformen. Kurz: Dass man weggeht von diesem Opfer- und HeldInnen-Diskurs. Weg von diesem Othering und Disability Faking. Weg von ästhetischer Einhegung.